12.09.2017 EKWZ
Selbstbestimmung will erkämpft sein - Eduard-Knoll-Wohnzentrum für Schwerbehinderte feiert 50. Geburtstag
Quellenhinweis: Hohenloher Zeitung vom 11. September 2017 - Text und Fotos: Barbara Griesinger
Ein schöner Tag ward uns beschert, wie es nicht viele gibt, von reiner Freude ausgefüllt und Sorgen ungetrübt.“ Der Zentrumschor hätte das große Fest zum 50. Geburtstag des Krautheimer Eduard-Knoll-Wohnzentrums (EKWZ) mit keinem passenderen Lied eröffnen können. Allerdings wird den Bewohnern mit Handicap nichts beschert, sie sorgen mit einem bunten Musikprogramm selbst dafür, dass die Feier zum 50-jährigen Bestehen des Zentrums ein Tag reiner Freude wird.
Rollstuhl hin, Behinderung her die Zentrumsbewohner lassen sich ihre Lebensfreude nicht nehmen. Mit etwas Assistenz singen sie, musizieren, tanzen. Sie reißen mit Power und guter Laune ihr Publikum mit, und mancher Besucher ohne Handicap kommt dabei aus dem Staunen nicht heraus. Denn im Eduard-Knoll-Wohnheim wimmelt es vor bemerkenswert starken und humorvollen Persönlichkeiten.
Karaoke Da gibt sich Jürgen Milewski mit aufgesteckter roter Irokesenbürste als hauseigener Campino die Ehre. Da schlüpft Anita Schäfer nicht nur in die Rolle von Henri Valentino, sondern lässt ihrem Rollstuhl ein Enten-Pappchassis überstülpen, das Norman Weyrostas altem 2CV nachempfunden ist, und singt unterstützt von Ursula Hopf „Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen“. Und Nadine Deuser und Carmen Faber lassen zu Michael Jacksons „Heal the World“ Glitzerstreifen regnen.
„Wenn Eduard Knoll heute unter uns wäre, wäre er stolz und dankbar, was aus seinem Lebenswerk geworden ist“, betont Jubiläumsgast Christian von Stetten (MdB) und liegt damit wohl richtig. Vor einem halben Jahrhundert hat Eduard Knoll nicht nur das nach ihm benannte Wohnzentrum für Menschen mit Handicap aufgebaut, das mit seinen 80 Plätzen und rund 100 Mitarbeiter zu den modernsten Wohnheimen für Schwerst- und Mehrfachbehinderte in ganz Europa zählt. Nach einer Kriegsverletzung selbst behindert hat zeitlebens dafür gekämpft, dass Menschen mit Handicap selbstbestimmt leben und am Alltag wie am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. „Wir sind ein weltoffenes und politisches Haus in der Mitte der Gesellschaft“, betont EKWZ-Geschäftsführer Norman Weyrosta deshalb nicht ohne Stolz. Und auch die Krautheimer seien stolz aufs EKWZ, unterstreicht der stellvertretende Bürgermeister Jürgen Specht. Er kann sich seine Heimatstadt ohne „diese wichtige und vorbildliche Einrichtung“ gar nicht vorstellen.
Aber der Weg zur Gleichberechtigung Behinderter wie sie Grundgesetz und UN-Menschenrechtskonvention fordern, ist noch lang. Das wissen auch die Politiker und Bundestagskandidaten unter den Festgästen. Das Bundesteilhabegesetz sei noch nicht, was es sein sollte, moniert Grünen-Kandidatin Catherine Kern. MdB Harald Ebner (Grüne) kritisiert, dass immer noch 80 000 Behinderte vom Wahlrecht ausgeschlossen seien. Die Geschichte des Wohnzentrum zeige aber, dass es sich lohne zu kämpfen, betont Europa-Abgeordnete Evelyne Gebhardt (SPD) und sagt wie ihre Kollegen von CDU und Grünen ihre Unterstützung zu.
Brüderlichkeit Gerwin Matysiak, Vorsitzender des Bundesverbands Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK), nutzt den Moment, daran zu erinnern, dass die freie Wahl des Wohnorts für Behinderte erst möglich ist, wenn flächendeckend Barrierefreiheit herrsche. Umfassender formuliert Norman Weyrosta die Wünsche behinderter Menschen, indem er das Gebet der Nationen des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt zitiert: „Vor allem gewähre uns Brüderlichkeit – eine Brüderlichkeit nicht der Worte, sondern der Handlungen und Taten.“
Zitate:
„Ich hätte mir keinen besseren Arbeitsplatz wünschen können.“ - Norman Weyrosta, Geschäftsführer des Eduard-Knoll-Wohnzentrums
„Es bestehen noch immer viele Barrieren. Nicht nur in Gebäuden, auch in den Köpfen.“ - Harald Ebner, MdB (Grüne), aus Kirchberg
„Ich habe Eduard Knoll selbst gekannt und bewundert, mit wie viel Energie er nicht nur für sich, sondern auch für andere gekämpft hat.“ - Arnulf von Eyb, MdL (CDU), aus Dörzbach
Liebe Besucher unserer Seite. Wir möchten uns bei Barbara Griesinger für ihren Bericht in der Hohenloher Zeitung bedanken, den wir für unsere Homepage übernehmen durften.
Nach dem offiziellen Festakt versorgte uns das Team der Familie Leykauf mit köstlichen Churrasco Grillspezialitäten, Tel. 06297 95105.
Die Gruppe SheepWalk heizte danach mit ihrer Partymusik ordentlich ein und brachte mit Blues, Soul, Funk, Rock und Pop noch so manch tanzwütiges Bein und Rad zum Schwingen.
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Sabine Schüll schrieb am 14.09.2017 - 06:06 Uhr
Es war eine tolle Feier und das befürchtete Chaos mit so vielen Gästen blieb zum Glück aus. Das Programm kam gut an bei den Gästen. Vielen Dank an die Organisatoren und Organisatorinnen, die dieses gelungene Fest gestaltet haben! Viele Grüße von Sabine Schüll
Milewski Jürgen schrieb am 15.09.2017 - 08:08 Uhr
Der Aufwand hat sich gelohnt - tolle , lockere Atmosphäre , gute Stimmung , Top Musik , Lecker Speis und Trank. Danke an die vielen fleißigen Helferlein. - auf die nächsten 50 Jahre !!!
Andrea Jacob schrieb am 25.09.2017 - 09:59 Uhr
Wunderbar - dieses tolle Fest. Es klingt bei mir immer noch nach...