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Beitrag vom 13.12.2012: Knecht Ruprecht beschenkt Tiere – Hanna Zschocher Teil 1

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Erzähler: Es war am Heiligen Abend. Knecht Ruprecht wollte gerade zur Erde hinabfahren. Schon stand sein großer Schlitten bereit. Die Engel schleppten eilig die letzten Säcke und Kisten herbei, die sie mit Geschenken gefüllt hatten. Da trat schüchtern ein kleiner Engel hinzu, der etwas abseits gestanden hatte und einen großen Sack unter dem Arm hielt. Knecht Ruprecht fasste ihn derb am Ohr.

Knecht Ruprecht: Na warte, du Schlingel, wo hast du dich denn herumgetrieben? Du warst nicht da, als die Puppenkleider geschneidert wurden, und geleimt und gemalt hast du auch nicht!

Kleiner Engel: Ach, sei nicht böse, lieber Ruprecht. Ich habe mir etwas ganz anderes ausgedacht. Der Winter ist in diesem Jahr so streng. Darum habe ich für die Tiere Weihnachtspakete zurechtgemacht. Bitte, bitte nimm sie mit und bring sie ihnen.

Knecht Ruprecht: So, so!

Erzähler: Brummte Ruprecht und ließ das Ohr des Kleinen los.

Knecht Ruprecht: Der Gedanke ist gar nicht übel. Lege den Sack auf den Schlitten.

Erzähler: Dann winkte er einem Mondstrahl, der sich vom Himmel bis auf die Erde legte. Auf dieser silbernen Brücke sauste der Weihnachtsschlitten ins Menschenland hinab.

Hier hatte Knecht Ruprecht alle Hände voll zu tun, denn überall warteten schon die Kinder auf ihn. Stunde um Stunde verging, bis er endlich mit seiner Arbeit fertig war.

Es war grimmig kalt, als Ruprecht aus dem letzten Haus herauskam. Er schlug die Hände ineinander, um sich zu erwärmen, und dachte:

Knecht Ruprecht: Nun will ich mich aber beeilen, dass ich schnell wieder in den Himmel komme und dort ein Glas heißen Weihnachtstee zum Aufwärmen trinken kann.

Erzähler: Da bemerkte er plötzlich noch einen Sack auf dem Schlitten.

Knecht Ruprecht: Nanu

Erzähler: Sagte er und kratze sich hinter dem Ohr

Knecht Ruprecht: Ich bin doch bei allen Kindern gewesen? Was ist denn da noch übrig?

Erzähler: In diesem Augenblick bellte ein Hofhund. Da fiel es dem Ruprecht wieder ein.

Knecht Ruprecht: Richtig, das sind ja die Geschenke für die Tiere!

Erzähler: Er löste den Bindfaden und fasste hinein. Gleich obenauf lag eine warme, gefütterte Decke!

Knecht Ruprecht: Das passt ja wunderbar.

Erzähler: Brummte er in seinen Bart.

Knecht Ruprecht: Die ist für den Leo. Es ist ja wirklich kein Vergnügen, jetzt draußen in der kalten Hundehütte zu liegen.

Erzähler: Er stapfte hinüber und deckte Leo damit zu. Leo leckte ihm dankbar die Hand und klopfte vor Freude mit dem Schwanz. Schon wollte der Alte weitergehen, da huschte ein Kätzchen über den Hof.

Katze: Miau, miau

Erzähler: Schrie die Katze.

Knecht Ruprecht: Mieze, komm mal her! Ich hab was für dich!

Erzähler: Er kramte in seinem Sack.

Knecht Ruprecht: Hier, die werden dir passen!

Erzähler: Und dann warf er der Katze zwei Paar feine, weiche Pelzhandschuhe zu. Die Katzen brauchen ja immer gleich zwei Paar, weil sie vier Pfoten haben. Sie nahm die Handschuhe, machte einen Buckel, was bei den Katzen soviel wie einen Knicks bedeutet, und sprang hinüber zur Scheune. Knecht Ruprecht stieg auf seinen Schlitten und kam nun in den Wald.

Vögel einige Stimmen: Piep, piep

Erzähler: Rief es leise von den Bäumen.

Knecht Ruprecht: Ja, ja, ihr sollt auch etwas haben

Erzähler: Sagte der gute Alte, fasste in den Sack und streute mit beiden Händen Körner in den Schnee. Da kamen sie von allen Seiten herbeigeflattert; das zierliche Rotkehlchen, der Stieglitz im bunten Kleid, die gelbgrüne Kohlmeise und die schwarzrockigen Amseln. Sie pickten und pickten und fraßen sich satt. Da wurden sie lustig und fingen an zu zwitschern und zu piepsen, so, als sei der Winter schon vorbei. Der Sack aber war noch immer nicht leer.

Knecht Ruprecht: Ich muss doch mal sehen, was da der kleine Engel noch hineingesteckt hat.