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Beitrag vom 18.01.2013: Kalif Storch-Teil 1

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Erzähler: In Bagdad lebte der Kalif Chasid. An einem schönen Nachmittag saß er auf seinem Sofa, rauchte aus einer langen Pfeife und trank Kaffee. Da besuchte ihn sein Wesir Mansor

Kalif Chasid: Was ist los? Woran denkst du?

Erzähler: fragte der Kalif

Wesir Mansor: Herr, da unten am Palast steht ein Krämer. Er hat sehr schöne Sachen. Ich ärgere mich, dass ich nicht genug Geld habe

Erzähler: antwortete der Wesir.

Der Kalif wollte seinem Wesir eine Freude machen. Deshalb schickte er einen schwarzen Sklaven hinunter, der den Krämer heraufholen sollte. Bald kam der Sklave mit dem Krämer zurück.

Der Krämer war ein kleiner, dicker Mann mit schwarzbraunem Gesicht und zerrissener Kleidung. Er trug einen Kasten, in dem er viele Waren hatte: Perlen, Ringe, Pistolen, Becher und Kämme.

Der Kalif und der Wesir schauten sich alles an. Der Kalif kaufte schlie߬lich für sich und Mansor schöne Pistolen und für die Frau des Wesirs ei¬nen Kamm. Als der Krämer wieder gehen wollte, sah der Kalif ein kleines Kästchen.

Kalif Chasid: Was ist in dem Kästchen?

Erzähler: fragte Chasid den Krämer. Der Krämer zog eine Dose heraus. In der Dose war ein schwarzes Pulver und ein Zettel. Die Schrift auf dem Zettel konnten Chasid und Mansor nicht lesen. Der Kalif war aber neugierig. Deshalb kaufte er die Dose.

Am nächsten Tag ließ er Selim ins Schloss kommen. Selim war ein Gelehrter, der alle Sprachen verstand. Er betrachtete lange die Schrift. Endlich rief er

Selim: Das ist lateinisch, Herr! Auf dem Zettel steht: Wenn du dich in ein Tier verwandeln willst, dann musst du von dem Pulver schnup¬fen und dabei sprechen: Mutabor! Du verstehst dann auch die Sprache der Tiere. Willst du wieder ein Mensch sein, dann verbeuge dich dreimal nach Osten und sprich wieder: Mutabor! Pass auf, wenn du verwandelt bist! Du darfst nicht lachen, sonst vergisst du das Zauberwort und bleibst ein Tier.

Erzähler: Der Kalif freute sich sehr darüber, dass er nun das Geheimnis kannte. Er gab dem Gelehrten ein schönes Geschenk und befahl ihm, nieman¬dem von dem Geheimnis zu erzählen. Zu seinem Wesir aber sagte der Kalif

Kalif Chasid: Da habe ich gut eingekauft, Mansor. Ich freue mich, dass ich auch ein Tier sein kann. Komm morgen zu mir! Wir gehen miteinander aufs Feld, schnupfen aus meiner Dose und hören, was die Tiere in der Luft und im Wasser, im Wald und auf dem Feld sprechen.

Erzähler: Am anderen Morgen nahm der Kalif die Dose mit dem Zauberpulver und ging in den Palastgarten. Dort traf er sich mit dem Wesir.

Dann machten die beiden Männer einen Spaziergang. Nach einiger Zeit kamen sie an einen Teich. Am Ufer sahen sie einen Storch. Der Storch lief hin und her, suchte Frösche und klapperte mit dem Schnabel. Zugleich sahen Chasid und Mansor weit oben in der Luft noch einen anderen Storch herbeifliegen.

Wesir Mansor: Ich glaube, diese beiden Störche wollen miteinander sprechen

Erzähler: sagte der Wesir.

Wesir Mansor: Wenn wir Störche werden, können wir dem Gespräch zuhören.

Kalif Chasid: Gut, ich bin einverstanden

Erzähler: sprach der Kalif.

Kalif Chasid: Aber wir müssen daran denken, dass wir nicht lachen dürfen. Sonst sind wir verloren.

Erzähler: Der Kalif und der Wesir schnupften von dem Pulver aus der Dose und beide riefen:

Kalif und Wesir Mutabor!

Erzähler: Da wurden ihre Beine plötzlich kurz, dünn und rot. Die Arme wurden zu Flügeln. Der Hals wurde lang und den Körper bedeckten weiche Federn

Kalif Chasid: Ihr habt einen hübschen Schnabel, Herr Wesir

Erzähler: sprach staunend der Kalif.

Wesir Mansor: Danke

Erzähler: antwortete der Wesir, der sich ver¬beugte

Wesir Mansor: Eure Hoheit, Ihr seht als Storch noch hübscher aus als vorher

Erzähler: Während dieser Zeit war der andere Storch auf der Erde angekommen. Er ging zum ersten Storch. Die beiden neuen Störche liefen schnell und hörten folgendes Gespräch:

Storch: Guten Morgen, Frau Langbein, so früh schon auf der Wiese?

Störchin: Schönen Dank, lieber Klapperschnabel! Ich habe mir ein kleines Frühstück geholt. Möchten sie vielleicht ein Viertel Eidechse oder einen Froschschenkel?

Storch: Nein, danke, ich habe heute keinen Appetit. Ich bin sehr aufgeregt, denn ich soll heute Abend vor den Gästen meines Vaters tanzen. Ich will jetzt noch üben.

Erzähler: Nun probierte die junge Störchin verschiedene Tanzschritte. Zuletzt stand sie auf einem Bein und flatterte mit den Flügeln. Da mussten Chasid und Mansor laut und lange lachen

Kalif Chasid: Das war ein Spaß

Erzähler: sagte schließlich der Kalif

Kalif Chasid: Schade, dass die Tiere durch unser Lachen erschrocken und weggelaufen sind.

Erzähler: Plötzlich dachte der Wesir daran, dass das Lachen während der Verwandlung verboten war.

Wesir Mansor: Oh weh!

Erzähler: rief er

Wesir Mansor: hoffentlich müssen wir nun nicht Störche bleiben. Wie heißt das dumme Wort? Ich habe es vergessen!