Erzähler: Es saß einmal eine Ente auf ihrem Nest, welche ihre Jungen ausbrütete. Aber es wurde ihr fast zu langweilig, ehe die Kleinen schlüpften. Außerdem erhielt sie selten Besuch, denn die anderen Enten gingen lieber schwimmen, als mit ihr zu schnattern. Endlich platzte ein Ei nach dem anderen.
Entenkinder: ergo Piep, piep
Erzähler: Sagte es, und alle Eidotter waren lebendig geworden und streckten die Köpfe.
Entenkinder: Wie groß doch die Welt ist
Erzähler: Meinten alle Jungen, da sie nun viel mehr Platz hatten als im engen Ei.
Entenmutter: Glaubt ihr, dies sei die ganze Welt. Die ist noch viel größer. Seit ihr alle da?
Erzähler: Sagte die Mutter und stand auf
Entenmutter: Nein, ich habe nicht alle. Das größte Ei liegt immer noch da. Wie lange soll das denn noch dauern?
Erzähler: Und sie setzte sich wieder auf das Ei
Alte Ente: Nun wie geht es
Erzähler: Fragte eine alte Ente die aus Neugier vorbei gekommen war
Entenmutter: Es ist nur noch eins. Doch sieh dir nur die anderen an. Sind das nicht die niedlichsten Entlein, die man je gesehen hat.
Erzähler: Endlich platzte das große Ei, und das Junge kroch heraus. Die Ente betrachtet es und meinte dann
Entenmutter: Es ist doch ein gewaltig großes, hässliches Entlein. Aber egal, jetzt geht’s ab ins Wasser.
Erzähler: Sagte sie und führte ihre Jungen zum Teich. Als die zum Entenhof kamen, sagte sie
Entenmutter: Nehmt euch vor den Katzen in acht. Setzt die Füße nicht einwärts, ein wohlerzogenes Entlein setzt die Füße weit auseinander. Und neigt eure Hälse vor den älteren Enten
Erzähler: Und sogleich flog eine Ente hin und biss das größte Entlein in den Nacken
Entenmutter: Lass es in Ruhe, es tut doch keinem etwas
Erzähler: Sagte die Mutter
Beißende Ente: Aber es ist so groß und ungewöhnlich. Und darum muss es geärgert werden
Erzähler: Meinte die beißende Ente
Entenmutter: Es ist nicht hübsch, aber es hat ein gutes Gemüt, und schwimmen kann es noch besser als meine anderen. Es wird einmal ein Enterich und da ist die Schönheit ja sowieso nicht wichtig.
Erzähler: Sagte die Entleinmutter
Aber das arme Entlein wurde gebissen, gestoßen und zum besten gehalten, und das sowohl von den Enten wie von den Hühnern. Und sogar von dem Mädchen, das die Tiere fütterte, wurde es mit den Füßen gestoßen. Nach einiger Zeit konnte es dies alles nicht mehr aushalten und es überwand den Zaun. Den Tieren denen es begegnete in den Büschen oder im Moore, waren alle der gleichen Meinung:
Alle Tiere: Du bist außerordentlich hässlich
Erzähler: Den ganzen Tag lief es, und am Abend des gleichen Tages begann es dermaßen zu stürmen, dass das Junge nur noch schwer von der Stelle kam. Da kam es zu einer kleinen und ärmlich wirkenden Bauernhütte, in der die Türe schief hing und durch einen Spalt konnte es in die Stube hineinschlüpfen. Hier wohnte eine Frau mit ihrem Kater und ihrer Henne. Am anderen Morgen wurde der Neuzugang bemerkt. Da die Frau nicht gut sah, hielt sie das Entlein für fett und freute sich.
Frau: Nun kann ich Enteneier bekommen. Wenn es nur kein Enterich ist. Das müssen wir ausprobieren
Erzähler: Und so wurde das Entlein drei Wochen zur Probe genommen, aber es konnte natürlich keine Eier legen. Trotz der Enttäuschung für die Frau durfte es im Haus bleiben. In seinem Winkel träumte es von frischer Luft und Sonnenschein und wie schön es war auf dem Wasser zu schwimmen. Und irgendwann im Winter erzählte es dies der Henne. Die meinte daraufhin ziemlich eingebildet
Henne: Was fällt denn dir ein. Du kannst keine Eier legen und auch nicht schnurren. Über die ganze Zeit hier drin bist du wohl verrückt geworden. Wie kann man Wasser zum Schwimmen toll finden?
Erzähler: Als es Frühling wurde, da konnte das Entlein seine Flügel schwingen. Sie waren stärker als vor dem Winter, und es flog zu einem breiten Kanal. Dort versteckte sich das Entlein vor den großen weißen Vögeln, die dort umher schwammen. Und zu sich sagte es
Hässliches Entlein: Ich will zu ihnen hinfliegen, zu diesen wunderschönen Vögeln, damit sie mich totschlagen können, weil ich so hässlich bin
Erzähler: Da neigte er den Kopf und erblickte sein Spiegelbild. Er traute seinen Augen nicht, denn es blickte ihm kein hässliches Entlein entgegen, sondern ein schöner weißer Schwan. Und die großen Schwäne kamen und strichelten ihn mit ihren Schnäbeln. Da kamen einige kleine Kinder und warfen Brot und Kuchen ins Wasser. Und das kleinste Kind rief
Kleines Kind: Da ist ein neuer. Der ist der schönste. So jung und so prächtig
Erzähler: Als er dies hörte, war er überglücklich, aber durchaus nicht stolz. Er hob den schlanken Hals schlug mit den Flügeln aufs Wasser und jubelte aus vollem Herzen.
Hässliches Entlein: So viel Glück habe ich mir nie erträumt, als ich noch das hässliche Entlein war.