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Beitrag vom 09.05.2011: Der Schmetterling - Teil 2

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Erzähler: fragte er und flog davon, denn er hatte sich darob entsetzt.

Das Geißblatt hing blühend über den Zaun hinaus, da war die Hülle und Fülle derartiger Fräulein, lange Gesichter, gelber Teint, nein, die Art gefiel ihm nicht. Aber welche liebte er denn?

Der Frühling verstrich, der Sommer ging zu Ende; es war Herbst; er aber war noch immer unschlüssig.

Die Blumen erschienen nun in den prachtvollsten Gewändern - doch vergeblich.

Es fehlte ihnen der frische, duftende Jugendsinn. Duft begehrt das Herz, wenn es selbst nicht mehr jung ist, und gerade hiervon ist bitter wenig bei den Georginen und Klatschrosen zu finden. So wandte sich denn der Schmetterling der Krauseminze zu ebener Erde zu.

Diese hat nun wenig Blüte, sie ist ganz und gar Blüte, duftet von unten bis oben, hat Blumenduft in jedem Blatte.



Der Schmetterling: Die werde ich nehmen!



Erzähler: sagte der Schmetterling. Und nun hielt er um sie an.

Aber die Krauseminze stand steif und still da und hörte ihn an; endlich sagte sie



Krauseminze: Freundschaft, ja! Aber weiter nichts! Ich bin alt, und Sie sind alt; wir können zwar sehr wohl füreinander leben, aber uns heiraten - nein! Machen wir uns nicht zum Narren in unserem Alter!



Erzähler: So kam es denn, dass der Schmetterling keine Frau bekam. Er hatte zu lange gewählt, und das soll man nicht! Der Schmetterling blieb ein Hagestolz, wie man es nennt.

Es war im Spätherbste, Regen und trübes Wetter. Der Wind blies kalt über den Rücken der alten Weidenbäume dahin, so, dass es in ihnen knackte. Es war kein Wetter, um im Sommeranzuge herumzufliegen; aber der Schmetterling flog auch nicht draußen umher; er war zufälligerweise unter Dach und Fach geraten, wo Feuer im Ofen und es so recht sommerwarm war; er konnte schon leben; doch



Der Schmetterling: Leben ist nicht genug!



Erzähler: sprach er



Der Schmetterling: Sonnenschein, Freiheit und ein kleines Blümchen muss man haben!



Erzähler: Und er flog gegen die Fensterscheibe, wurde gesehen, bewundert, auf eine Nadel gesteckt und in dem Raritätenkasten ausgestellt; mehr konnte man nicht für ihn tun.



Der Schmetterling: Jetzt setze ich mich selbst auf einen Stängel wie die Blumen!



Erzähler: sagte der Schmetterling



Der Schmetterling: so recht angenehm ist das freilich nicht! So ungefähr wird es wohl sein, wenn man verheiratet ist, man sitzt fest!



Erzähler:
Damit tröstete er sich dann einigermaßen.



Topfgewächse: Das ist ein schlechter Trost!



Erzähler: sagten die Topfgewächse im Zimmer.



Der Schmetterling: Aber



Erzähler: meinte der Schmetterling



Der Schmetterling: diesen Topfgewächsen ist nicht recht zu trauen, sie gehen zu viel mit Menschen um!